nicht müde werden sondern dem wunder leise wie einem vogel die hand hinhalten. (hilde domin)

Samstag, 19. August 2017

regenbogen: erinnerungen

gabriela schreibt vom regenbogen. das spricht mich sehr an, denn mein leben ist grade ein regenbogen von gefühlen und erinnerungen.

auf der rückreise, noch in süddeutschland, erreichte mich ein anruf vom pflegeheim, meiner mutter ginge es täglich schlechter. überraschend war das nicht, eher eine bestätigung. ich informierte meinen bruder, der am abend hinfuhr, eine stunde bei ihr saß und ihre hand hielt, mit dem arzt sprach. ich selbst mußte am tag drauf erstmals arbeiten, arrangierte den besuch für den zweiten tag, aber sie war dann doch schneller...

nun hat sie es also geschafft, und obwohl unser kontakt sporadisch und das verhältmis getrübt war, ist es doch ein komisches gefühl, daß sie nicht mehr auf erden ist. sie war doch immer da während meiner lebzeit, in den letzten jahrzehnten wenigstens irgendwo.

wir mußten das zimmer recht schnell räumen, das ist halt so, was uns aber auch nicht sehr schwer fiel. im vordergrund stand, daß sie nun nicht mehr leiden muß. die letzten monate, nachdem ihr mann (mein stiefvater) letztes jahr gestorben war, hatte sie den rest ihrer lebensfreude verloren, wollte nicht mehr. aber der rest an dingen, fotos, karten etc, der rief dann viele viele erinnerungen wach. auf den fahrten hin und zurück, je 110km, konnte ich dem gut nachhängen und auch trauern. die sonne strahlte, über mir zogen dicke sommerwolken und mir liefen die tränen.

was mich vor allem erstaunt und freut ist, daß ganz frohe innige erinnerungen an frühe kindertage wachwerden und ich, entgegen all der schwierigen jahrzehnte, ganz warm und liebevoll an sie denken kann. danke mami, für alles was du mir geben konntest.

zwei tage nach ihrem tod waren wir an der talsperre und haben einen sommertag genossen. und ich, die nie so gern im tiefen geschwommen bin, immer mit leichter furcht vor unterwasserpflanzen, tieren und gedöns, ich schwimme hinaus, dem schlauchboot mit meiner familie drin entgegen, dreimal so weit wie ich je im unbekannten schwamm...


6 Kommentare:

  1. Da fällt mir nur ein Wort zu ein "losgelassen"
    die Silberschnur gekappt
    Liebe Grüße aus dem Spreewald
    Gabriele

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    1. das klingt aber schön!
      danke für deine antwort und liebe grüße.

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  2. eine antwort gab mir auch der pfarrer, mit dem ich eine so gutes gespräch in vorbereitung auf die bestattung führte: " die tiefe steht für unberechenbarkeit. die ist jetzt für Sie vorbei." (meine mutter war jahrzehnte alkoholikerin und dadurch nicht berechenbar in reaktionen, stimmung, ansprechbarkeit.)

    unglaublich, daß ich das ohne darüber nachzudenken einfach so erlebt habe. weiterhin erlebe, denn das freie schwimmen-können war kein einzelerlebnis!

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  3. Ich lese das erst jetzt – sorry – sehr berührt. Du schreibst so schlicht und doch ist die Tiefe spürbar bis in die Zellen. Danke. Und ja, auch das ist Regenbogengeschenk. Herzlichst, FrauWind

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  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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