nicht müde werden sondern dem wunder leise wie einem vogel die hand hinhalten. (hilde domin)

Freitag, 9. November 2012

novemberfreuden: sentimentalitis

gestern war ich mit den kindern beim ersten lichterzug der saison. in all den menschen und liedern und lichtern habe ich mich wohl und zufrieden gefühlt, die hände der beiden jüngeren fest in meine geschmiegt.
später, als die kinder schliefen, überkam mich dann beim kücheaufräumen das große heulen im erinnern. vor acht jahren sind wir zum ersten mal mit einer laterne durchs dunkel gegangen, da war die große klein und die mittlere im kugelbauch, an die jüngste war nichtmal zu denken. nun sind sie alle schon so groß, werden immer selbständiger, und die kleinkinderzeit endgültig vorbei *abgrundtiefer seufzer*. unwiederbringlich. mir bleibt nur die erinnerung. ich vermag es nichtmal annähernd in worte zu fassen, was mich gestern so aufwühlte, ein gedanke oder auch nur bild führt dann ja zum anderen. es war eine tiefe traurigkeit, genährt von erinnerung und müdigkeit und erschöpfung.

(nach einer zwar nicht allzu langen, aber doch tiefschlafenen nacht sieht die welt schon wieder licht und hell aus.)

wie gut es doch tut, ab und zu von herzen zu weinen!
ich habe häufig den eindruck, daß meine gefühle garnicht mehr zu mir durchdringen, so verbarrikadiert sind sie vor lauter betriebsamkeit im familien- und erwerbsalltag, funktionieren müssen. anstrengung und stress dringen durch, freude auch, doch scheinen diese mir eher oberflächlich interpretiert zu sein. was sich darunter verbirgt, ist mir meistens garnicht zugänglich.
eine wirkliche freude sind mir da meine november-erinnerungs-gefühle, die mich nah zu mir bringen. daher nenne ich sie schmunzelnd und liebevoll: sentimentalitits.

2 Kommentare:

  1. Liebe Frau Siebensachen,
    Ich habe hier noch nie kommentiert, dabei lese ich schon lange still mit... Der heutige Post berührt mich so sehr, dass ich einfach schreiben musst. Mir geht es gerade im Moment sehr ähnlich. Nicht unbedingt mit dem Loslassen der Kleinkinderzeit (die ist hier noch voll aktuell), aber mit dem Gefühl, mich nicht richtig zu spüren. Wann habe ich das letzte Mal so richtig geheult? Oder lauthals gelacht bis mir der Bauch schmerzte? So wie früher, als Kind und vor allem dann als Teenager. Meine Gefühle sind wohl oft auch "verbarrikadiert vor lauter Betriebsamkeit" und das ist schade. Nur selten überkommen sie mich in einer solchen Heftigkeit, dass ich selber (und meine Umgebung) ziemlich erschrecke...
    So wunderbar und treffend in Worte fassen, hätte ich aber nicht gekonnt. Danke dafür!
    Ganz liebi grüäss, anja

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  2. Hallo Du !

    Ich kann dich sooo gut verstehen. Mir geht es immer wieder ganz genauso. Es geht alles so schnell. Mein Ältester ist nun schon 12 Jahre alt und gestern ging es ihm nicht gut, aber das Problem wurde zur Privatsache erklärt. Zum aller ersten Mal wollte er nicht mit uns sprechen. Das tut schon auch sehr weh. Es ist so schwer sie los zu lassen.

    Und wenn ich dann daran denke, wie ich mit ihm das erste Mal mit der Laterne gegangen bin. Da war er noch kein Jahr alt und wußte gar nicht, wie ihm geschah. Aber ganz stolz hat er seine Laterne gehalten. Von Haus zu Haus sind wir gegangen und haben die Stimmung genoßen. Meine Nachbarin hat mir flüstern erzählt, das sie wieder schwanger ist. Ach ja, so lange ist es nun schon her.

    Viele liebe Grüße
    Andrea

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